Prof. Dr. med. Thomas Frick

Chirurgische Schwerpunkte




Was ist Viszeralchirurgie?


Viszeralchirurgie

Die Viszeralchirurgie ist ein junges Spezialgebiet, das vor gut zehn Jahren aus der Allgemeinen Chirurgie hervorging. Die Spezialisierung war notwendig geworden, weil die Einführung der Schlüssellochchirurgie (minimal-invasive, laparoskopische oder endoskopische Chirurgie) eine zusätzliche Ausbildung erforderte.

Der Viszeralchirurg arbeitet im Bauchraum vom Zwerchfell bis zum Beckenboden. Auch die Chirurgie von Drüsen gehört dazu, Nebenniere, Bauchspeicheldrüse, Schilddrüse und Nebenschilddrüse. Am Häufigsten sind für Patienten relativ wenig belastende Operationen an der Gallenblase, an Leistenbrüchen, an der Schilddrüse oder am Darm.

Daneben gibt es komplexe Eingriffe, vor allem zur Behandlung des Übergewichts oder von Tumorkrankheiten

Die Operationen im Bauchraum werden heutzutage vorwiegend laparoskopisch vorgenommen. Der Vorteil dieser Methode ist nicht nur, dass der lange Bauchschnitt wegfällt. Mit den laparoskopischen Instrumenten haben wir zudem eine neue, stark verfeinerte Operationstechnik entwickelt, wodurch das Komplikationsrisiko deutlich gesenkt werden konnte.

Ein routinierter Viszeralchirurg hat eine umfassende Ausbildung hinter sich und manchmal auch eine mehrjährige Tätigkeit als Chefarzt. Diese Erfahrung gibt ihm Sicherheit bei einfachen und bei schwierigen Operationen im Bauchraum. Er kann seine Patienten mit dem kleinstmöglichen Risiko und der grösstmöglichen Verträglichkeit behandeln, was in erster Linie der Gesundheit zugute kommt (aber unter dem Strich auch noch kostengünstiger ist).



Dickdarm


Bild: Darm

Divertikelkrankheit

Divertikel sind Ausstülpungen am Dickdarm. Das sieht dann aus wie Maiskolben, an dem nur noch ein paar wenige Maiskörner hervorstehen. Divertikel haben nichts mit Darmkrebs zu tun. Sie sind auch keine Vorstufe davon und man muss sie im Gegensatz zu Polypen nicht entfernen, um einem Krebs vorzubeugen. Divertikel sind innen hohl und haben eine Verbindung zum Inneren des Darms. Deshalb kann sich Stuhl darin verfangen. Unter Umständen, die auch den Wissenschaftlern nicht bekannt sind, kann sich ein solches Divertikel entzünden, was einen Entzündungsschub auslöst, eine Divertikulitis. Diese verläuft ähnlich einer Blinddarmentzündung mit dem Unterschied, dass Divertikel viel seltener platzen und somit die Gefahr einer lebensgefährlichen Bauchfellentzündung klein ist. Es ist in den meisten Fällen möglich, den Schub mit einer Antibiotikatherapie zu bändigen.

Im Fall eines wiederholten Schubs sollte man, so steht es in den Lehrbüchern, das Darmstück entfernen. Aber es gibt Patienten, die schon nach dem ersten Schub sagen, das will ich nie mehr erleben - vor allem nicht irgendwo im Ausland. Andere finden, sie möchten abwarten, so lange es erträglich sei. Beides ist vertretbar. In vielen Fällen ist nämlich der erste Schub auch gleichzeitig der letzte. Und auch wenn es weitere geben sollte, die Gefahr des Platzens nimmt mit jedem Schub ab. Das langfristig Schlimmste sind Vernarbungen und Verwachsungen durch die wiederholten Entzündungen. So gibt es Einzelne, die aufgrund des Engnisses regelmässig unangenehme Krämpfe oder Stuhlunregelmässigkeiten haben. Auch könnte es irgendwann zu einem Darmverschluss kommen. Aber auch das ist sehr selten.

Leider gibt es zur Vorbeugung nichts, keine Diäten und keine Kuren, die verhindern könnten, dass Schübe auftreten. Höchstens das Vermeiden von chronischem Berufs- oder Alltagsstress scheint einen positiven Einfluss zu haben. Trotzdem bleibt: keine Angst vor Divertikulitis. In den meisten Fällen helfen Antibiotika. Und wenn sie immer wieder kommt, kann man immer noch operieren. Aber erst, wenn man sicher ist, dass es nicht anders geht.



Galle


Gallenblase

Gallenblasensteine

Die Galle wird in der Leber gebildet und in den Zwölffingerdarm ausgeschieden. Ohne Galle wäre der Stuhl weiss. Aber das ist nicht das Entscheidende. Die Galle ist wichtig bei der Fettverdauung und bei der Ausscheidung von Stoffen, die der Körper loswerden will und die nicht über die Niere weggehen, weil sie nur fett- und nicht wasserlöslich sind.

Es gibt einen Gallespeicher ausserhalb der Leber: die Gallenblase. Sie ist ein Relikt aus der Zeit, als es nicht selbstverständlich war, jeden Tag eine ausgewogene Kost auf dem Tisch zu haben. Nach Hungerperioden hatte derjenige einen Vorteil, der mit seinen Verdauungssäften möglichst viele Nährstoffe aus dem Essen herauslösen konnte. Da kam das Reservoir gelegen.

Die Gallenblase hat eine einfache Funktion. Beim Eintreffen von Nahrung in den Magen presst sie durch Zusammenziehen ihrer glatten Muskulatur die Galle aus. Aber viele Gallenblasen können nicht einmal diese einfache Aufgabe erledigen. Sie entleeren sich nur halbpatzig oder gar nicht.

Dann entstehen in der liegengebliebenen Galle durch Kondensierung von chemischen Substanzen Gallensteine. Sie bestehen vor allem aus Cholesterin (welches nichts mit dem Cholesterinwert im Blut zu tun hat), aber auch aus anderen biochemischen Molekülen oder Kalzium. Ein solcher Stein kann den Ausgang verstopfen und Koliken auslösen. Oder ein verirrtes Darmbakterium kann sich in der stehenden Flüssigkeit niederlassen, sich in angenehmer Umgebung vermehren und eine Gallenblasenentzündung hervorrufen. Dann muss die Gallenblase über eine Operation entfernt werden. Mit Schlüssellochtechnik löst man das Problem einfach und definitiv. Manchmal denken Patienten danach, sie hätten gar keine Galle mehr. Das ist glücklicherweise nicht so. Die Galle fliesst weiterhin direkt von der Leber in den Darm. Nicht einmal eine Diät ist notwendig.



Nebenschilddrüse


Schilddrüsenleiden

Nebenschilddrüsen sind Zungenbrecher. Sagen Sie mal "Hyperparathyreoidismus" oder "Parathyreoidektomie"!

Der erste Begriff bedeutet, dass die Nebenschilddrüsen zu viel Hormon produzieren, der zweite benennt den chirurgischen Eingriff zur Entfernung einer Nebenschilddrüse. Andere Namen für Nebenschilddrüsen sind Epithelkörperchen oder Parathyreoideae. Nicht nur die Bezeichnungen sind kompliziert, die Nebenschilddrüsen selbst sind es auch. Sie sind klein, etwa so gross wie Wassermelonenkerne. Und es gibt vier davon, oder drei, oder fünf, manchmal sogar sechs. Sie liegen neben oder hinter der Schilddrüse, oder ein bisschen weiter oben, vielleicht sogar am Kieferwinkel, oder hinter dem Brustbein, manchmal dicht im Fettgewebe des Brustkorbs eingebettet, oder in mitten der Schilddrüse.

Die Funktion ihres Hormons ist die Kontrolle des Kalziumstoffwechsels. Hat man zuviel Hormon, steigt das Kalzium im Blut. Man wird müde, muss ständig Wasser lösen, die Knochen werden dichter und schmerzen, und es kann Nierensteine geben. Besteht eine Unterproduktion, hat man Muskelkrämpfe wie bei der Hyperventilation, die Knochen entkalken und brechen leichter. Unterproduktionen gibt es eigentlich nur nach Schilddrüsenoperationen. Es ist für den Schilddrüsenchirurgen deshalb eines der obersten Gebote, es nicht soweit kommen zu lassen.

Die Überproduktion von Nebenschilddrüsehormon ist relativ häufig. Oft wird sie nicht sofort erkannt, weil sich die Symptome schleichend entwickeln. Meistens handelt es sich um einen Zufallsbefund. Bei einer Laborkontrolle wird ein zu hoher Kalziumwert im Blut entdeckt. Die Ursache der Überproduktion des Nebenschilddrüsenhormons ist eine gutartige Vergrösserung eines einzelnen Epithelkörperchens. Bösartige Tumoren sind extrem selten. Ein spezialisierter Chirurg sieht in seinem Berufsleben vielleicht ein halbes Dutzend solcher Fälle.

Der Hyperparathyreoidismus wird durch die chirurgische Entfernung der vergrösserten Nebenschilddrüse therapiert. Der Eingriff ist technisch nicht ganz einfach, aber ohne unverhältnismässiges Risiko für den Patienten durchführbar. Und mit der Operation ist das Problem definitiv behoben. Einzig, der kleine Schnitt am Hals, der zwar nach kurzer Zeit nur noch dem Kennerblick auffällt, kann nicht vermieden werden.



Schilddrüse


Schilddrüsenleiden

Früher gab es noch grosse Kröpfe. Das war vor der Zeit, als das Salz jodiert wurde. Die Ursache war Jodmangel, welcher in bergigen Gebieten sehr häufig ist. Das Jod wird zur Herstellung des Schilddrüsenhormons benötigt, welches im Blut zirkuliert und den Stoffwechsel in Gang hält. Es ist wie der Leerlauf eines Benzinmotors. Den Schwung bringen andere Hormone wie Cortison oder Adrenalin. Aber ohne dass der Motor schon läuft, kann er nicht auf Touren kommen. Fehlt das Schilddrüsenhormon, nimmt man zu und wird müde. Ein Zuviel macht nervös und hektisch.

Bei Jodmangel vergrössert sich die Schilddrüse. Aber es gibt auch andere Gründe für ein Wachstum. Darum gibt es auch heute noch Kröpfe, allerdings nicht mehr so eindrückliche. Die Schilddrüse ist ein sehr stoffwechselaktives Organ und bei gewissen Personen schiesst sie über das Ziel hinaus. Es entstehen zahlreiche Knoten, zuerst kleine, die langsam wachsen können, oder auch Zysten, die innert Stunden gross werden und schmerzhaft sind. In den meisten Fällen ist das harmlos und man muss erst eingreifen, wenn eine mechanische Belastung entsteht, zum Beispiel Atembeschwerden. Mehr Aufmerksamkeit muss man einem einzelnen Knoten schenken, denn dahinter könnte ein unkontrolliertes Wachstum stecken. Leider weiss man erst, ob gut- oder bösartig, wenn das Gewebe unter dem Mikroskop untersucht wird. Deshalb wird empfohlen, einsame Knoten chirurgisch zu entfernen. Punktionen mit feinen Nadeln machen selten einen Sinn. Man ist meistens nachher nicht schlauer. Nur als Vorbereitung für die Operation kann es nötig sein, weil das Untersuchungsresultat die Operationstechnik beeinflussen kann.

Operation

Bis vor wenigen Jahren hatte man vor der Schilddrüsenoperation grossen Respekt. Die Verletzung des Stimmbandnervs, Nachblutungen oder die versehentliche Entfernung der Nebenschilddrüsen stellen gefährliche Komplikationen dar. Eine entscheidende Verbesserung der Sicherheit ist übrigens einem Schweizer zu verdanken. Der Berner Theodor Kocher hat für die Entwicklung einer sicheren Operationstechnik den Nobelpreis erhalten. Heute ist das Vorgehen perfektioniert und sicher. Einzig, der kleine Schnitt am Hals, der zwar nach kurzer Zeit nur noch dem Kennerblick auffällt, kann noch nicht vermieden werden. Aber auch daran wird gearbeitet.









Leisten- und andere Brüche


Bild: Inguinalhernie

Unter "Hals- und Beinbruch" kann sich jedermann etwas vorstellen. Auch dass eine Welt untergeht, wenn ein Herz bricht, ist für die meisten nachvollziehbar. Aber was bricht beim Leistenbruch, beim Nabelbruch oder Zwerchfellbruch?

Weichteilbrüche kommen, wie diese typischen Beispiele zeigen, vor allem im Bauchraum vor. Dort herrschen gewaltige Drücke. Mehrere Organe von zusammen einigen Kilogramm Gewicht sind ständig der Schwerkraft ausgesetzt und müssen von der Bauchdecke am richtigen Ort gehalten werden. Die Muskelschicht der Bauchdecke ist zwar elastisch und auch erstaunlich rückbildungsfähig, wie die Schwangerschaft zeigt, jedoch nur, wenn die Dehnung langsam erfolgt. Kommt es zu einem schnellen Druckaufbau, wie beim Husten oder Niesen, können an anatomisch vorgegebenen Lücken "die Nähte platzen".

Zwar hat die Natur dort zusätzliche Verstärkungen angebracht: Am Übertritt der Speiseröhre vom Brustkorb in den Bauchraum zum Beispiel, geht der Zwerchfellmuskel in eine kräftige Sehnenplatte über, welche an der Wirbelsäule fixiert ist. Am Nabel wächst nach Abfallen der Nabelschnur die Lücke einfach zu. In der Leiste, in der beim Mann der Samenstrang und bei der Frau ein Aufhängeband der Gebärmutter zieht, ist die Schutzvorrichtung am eindrücklichsten. Um zu verhindern, dass die Bauchwand obligatorisch mit der Zeit den Kräften nachgibt, sind die Durchtrittsstellen in der Bauchdecke versetzt angelegt. Trotzdem kommt es bei einigen Menschen an diesen Orten zur Ermüdung und Ausweitung des Gewebes, manchmal sogar schon bei Geburt. Dann braucht es nur einen Hustenanfall oder das Herumschieben eines schweren Sofas und der Bauchinhalt bricht durch. Daher der Ausdruck. Heutzutage "flickt" man Brüche, indem das Gewebe mit einem feinporigen Kunststoffnetz verstärkt wird. Das Netz übernimmt dabei die Funktion der Armierung des Gewebes. Dabei soll es eine kräftige, uniforme Narbenbildung bewirken, die den Drücken standhält und keine Lücken mehr bietet. Viele Bruchoperationen können minimalinvasiv durchgeführt werden. Bei einigen Brüchen, wie dem Leistenbruch beim Mann, macht diese Technik aber keinen Sinn, denn die kleinen Hautschnitte gaukeln das "Minimal" nur vor. Im Innern des Körpers ist die Wunde um ein mehrfaches grösser, als bei der klassischen Operation mit einem kleinen Schnitt in der Leiste. Deshalb sollte man, meiner Meinung nach, in diesem Fall statt "minimal invasiv" besser "minimal verletzend" vorgehen.



Tumorchirurgie


Bild: Krebskrankheiten

Bei Krebsleiden gibt es zwei grundsätzlich unterschiedliche Ansätze zur Therapie. Den einen nennt man "kurativ" den andern "palliativ". Beim kurativen Ansatz hat man die komplette Heilung des Patienten im Visier. Das ist möglich, wenn bei den Vorabklärungen der Eindruck gewonnen wird, dass der Krebs radikal entfernt werden kann. So radikal, dass er für immer fernbleibt. Der palliative Ansatz kommt dann zur Anwendung, wenn der Krebs bereits derart fortgeschritten ist, dass er nicht mehr herausoperiert werden kann, ohne lebenswichtige Strukturen mitzuentfernen oder entscheidend zu tangieren. Dann gilt es, Leiden zu lindern und die Lebensqualität zu erhalten. Die Krankheit soll soweit eingedämmt werden, dass, zusammen mit anderen Therapien wie Chemotherapie oder Bestrahlung, ein Leben ohne Krankheitsgefühl möglich wird.

Auch beim kurativen Ansatz können Chemotherapie oder Bestrahlung zum Einsatz kommen. Die wichtigste Rolle spielt aber die Chirurgie. Ist der Tumor klein und auf das betroffene Organ, zum Beispiel Darm, Magen, Bauchspeicheldrüse, Leber oder Schilddrüse beschränkt, gibt es standardisierte Operationen, mit denen der Tumor vollständig entfernt werden kann. Aus grossen wissenschaftlichen Studien weiss man, dass diese Eingriffe eine sehr hohe Erfolgsrate aufweisen. Aber auch wenn das Geschwür bereits über die Organgrenze hinausgewachsen ist, kann es dem erfahrenen Chirurg gelingen, alle Tumorzellen restlos zu entfernen, ohne mit dem Eingriff die benachbarten Organe entscheidend in Mitleidenschaft zu ziehen. Die Schwierigkeit dieser Tumorchirurgie ist dann nicht nur der Tumor selbst, sondern die Nähe zu anderen wichtigen Organen. Da hilft dem Chirurgen, wenn er eine grosse Routine in grosser, hochspezialisierter Chirurgie mitbringt.